Hospiz- und Therapiepony Ortenau
Seit September 2021 sind der Offenburger Allgemeinmediziner Dr. Achim Wacker und Coach Katharina Schell mit dem Therapiepony Even unterwegs.
Was ist ein Therapiepony? Was macht das und vor allem wo? Diese Gedanken sind mir durch den Kopf gegangen, als ich im Dezember 2021 den Zeitungsbericht über Katharina, Achim und Even gelesen habe.
Wie gut, dass ich Achim seit langen Jahren kenne, habe ich gedacht – das frage ich ihn einfach mal!
Achim, wie bist Du auf die Idee mit dem Therapie-Pony gekommen?
Katharina ist im Management bei Papiere Koehler tätig und arbeitet nebenbei im Bereich pferdegestütztes Coaching. Es war ihre Idee!
Sie hat gesehen, was ich hier in meiner Praxis mache * und ihr hat meine Jobzufriedenheit gefallen.
Ihr Gedanke war dann ihre Kompetenz aus dem Bereich pferdegestütztes Coaching und meine als Palliativmediziner zusammen zu führen.
Wir haben dann ein bisschen recherchiert zur Therapiearbeit mit Pferden und sind dort auf viele Beispiele aus den USA gestoßen. Hier in der Gegend haben wir nicht wirklich etwas vergleichbares gefunden.
So haben wir uns entschieden es einfach zu versuchen!
Im Elsass, genau genommen in Geispolsheim bei Strasbourg haben wir Even, das Therapiepony, gefunden. Sie war schon 7 Jahre und fertig ausgebildet. Ihre Erfahrung hat Even in der Arbeit hauptsächlich mit Kindern und behinderten Menschen gemacht.
Katharina und ich haben uns dann durch Weiterbildungen die nötigen Kenntnisse erworben, um mit Even in der Palliativmedizin arbeiten zu können.
Was macht das Pony genau bei seinem Besuch?
Even besucht das Hospiz der Ortenau im Vizentiushaus in Offenburg. Acht Zimmer gibt es dort, die ebenerdig entweder zum Garten oder Außengelände liegen und alle einen Balkontür haben, über die Even zu den Patienten gelangen kann. Bei jedem Besuch schafft es Even vielen Bewohnern, Angehörigen und auch den Pflegekräften ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
Jeder Patient entscheidet selbst, ob er von Even besucht werden möchte. In der Regel sind es 5-6 Besuche, die Even jedes Mal macht.
Die Begegnungen haben ganz verschiedene Facetten; das reicht von bloßer Anwesenheit (dann ist Even einfach in der Nähe des Patienten), über Körperkontakt, wenn der Patient das Pony zum Beispiel streichelt oder berührt bis zum verbaler oder non-verbaler Konversation.
Natürlich darf Even auch gefüttert werden.
Wir sind dort mittlerweile regelmäßig circa einmal pro Monat und alle Begegnungen waren durchweg positiv.
Ist es schwer Pflegeheime, Krankenhäuser oder Palliativstationen zu überzeugen, Tiere reinzulassen?
Von Anfang an gab es die Akzeptanz dafür, dass Tiere kranken Menschen guttun.
Natürlich gab es trotz allem bürokratische Hindernisse und viele Fragen. Wir mussten uns um Themen wie Tierschutz, Hygienefragen..etc. kümmern und dafür sorgen, dass der Pferdeanhänger die Feuerwehrzufahrt nicht blockiert (völlig klar!).
Es gab aber auch Bedenken, was zum Beispiel die Nachbarn denken, wenn da plötzlich ein Pony im Hospiz rumläuft.
Am Ende war alles ganz einfach: wir haben Gespräche mit allen Beteiligten und auch den Nachbarn geführt und sind durchweg nur auf positive Resonanz gestoßen.
Gibt es schon viele solcher Angebote für Begegnungen von Kranken mit Tieren in Deutschland? Wird das häufig gemacht?
Offizielle Angebote gibt es tatsächlich eher selten. Hier in der Gegend kennen wir niemanden, der das im Moment aktiv macht.
Wir haben das eine oder andere Angebot in einem eher private Rahmen gefunden.
Was sind Deine Erfahrungen als Arzt im Zusammenhang mit der Arbeit mit dem Therapie-Pony Even?
Mit seinen Besuchen reißt Even die Patienten aus ihrem (schlechten) Zustand. Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, was das Pony mit seiner Empathie und Wertfreiheit in den Menschen auslöst.
Darüber hinaus arbeiten wir mit Even auch mit Kindern. Traumata, Trauerverarbeitung, seelisches Ungleichgewicht zum Beispiel lassen sich gut mit dem Therapiepony begleiten. Erst diese Woche haben wir mit Even zusammen körperlich oder/und geistig behinderten Kindern besucht. Auch hier kann Even viel bewegen und den Kindern unheimlich viel geben.
Vielen Dank, Achim, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!
Die Besuche und Arbeit mit Even sind kostenlos. Achim und Katharina haben einen Verein gegründet. Die Haltung von Even (Unterstand, Pflege, Training) bezahlen sie aktuell aus eigenen Mitteln und zum Teil aus Spenden.
Die Zeit, die Even für Pflege und regelmäßiges Training braucht leisten beide in ihrer Freizeit.
Das Projekt ist ein Herzensprojekt.
Wer das Projekt unterstützen möchte, kann das über folgendes Spendenkonto:
Hospizpony Even
ING Diba
DE84 5001 0517 5438 3970 94
Fotos: Achim Wacker